Forschung im Ilm-Kreis
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auch von Thüringen aus mitspielen. Wenn wir bei den großen Zu-
kunftsthemen im Bereich Forschung dabei sein wollen, geht das
nur durch Kompetenzbündelung. Das passiert mit dem ThIMo und
ich kann mir auch weitere Konzepte dieser Art vorstellen. Wir ar-
beiten zum Beispiel seit einiger Zeit am Zentrum für Energietech-
nik, auch das ist einer der Megatrends der Zukunft. Energietechnik
kann man sehr weit fassen, und wir haben hier an der TU die
Besonderheit, dass wir sowohl auf der Energieerzeugungsstrecke
stark sind als auch bei der Energieverteilung. Das alles wird
kombiniert und soll in Zukunft ein überzeugendes Konzept für die
Energieerzeugung und -verteilung liefern.“
Wie wird die TU im Vergleich mit anderen Hochschulen dieser
Art bei den Zukunftsthemen wahrgenommen?
Ich denke schon, dass wir bekannt sind. Nicht nur bundesweit
sondern auch über die Grenzen Deutschlands hinaus. Das hängt
zum einen an herausragenden Forschungsprojekten, an denen wir
beteiligt waren, wie zum Beispiel der Wasserversorgung für
Peking. In China sind wir dadurch sicher bekannt. Solche Beispiele
bringen die TU Ilmenau weltweit voran. Wir werden aber auch für
unsere außerordentlich gute Lehre wahrgenommen. Unsere
Absolventen arbeiten erfolgreich in aller Herren Länder. Auch das
macht unsere Hochschule bekannter.“
Kommen die guten Ergebnisse der Forschung auch in der Lehre
an und woher bekommen Sie die Informationen, welche The-
men aus der Wirtschaft in die Bildung einfließen müssen?
Universitäre Lehre bedeutet, dass es einen Zusammenhang
zwischen Forschung und Lehre geben muss. Anders ausgedrückt:
Die Lehre soll forschungsgetrieben sein. Aber nicht alles, was wir
auf Basis der neusten Forschung machen, fließt automatisch in
die Lehre ein. Die Grundlagen stehen überwiegend fest und
bleiben erhalten. Das sind wesentliche Bestandteile des
Grundstudiums. In der weiteren Folge, im Masterbereich zum
Beispiel, fließen natürlich die neuesten Forschungsergebnisse in
die Lehre ein. Unsere Dozenten sind gleichzeitig Forscher. Auch
stehen wir in engem Kontakt zu vielen unserer Alumni. Sie
beraten uns dahingehend, was in der Wissensvermittlung im
Praxisalltag fehlt und was überflüssig ist. Man muss dabei
natürlich vorsichtig sein und sehen, ob es sich um eine Einzel-
meinung handelt. Allerdings werden wir Entwicklungen der
Wirtschaft und veränderte Anforderungen nicht ignorieren.“
Als staatliche Hochschule und Technische Universität haben Sie
einen hohen Stellenwert. Wie schätzen Sie das Ansehen in der
Politik ein?
Für den Freistaat ist es sehr wichtig, dass es uns mit der Ausrich-
tung Technik, Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften und
Medien gibt. Wir brauchen aber eben nicht nur diese Technik-
wissenschaften. Wenn man einen Standort und eine Kulturregion
wie Thüringen langfristig entwickeln möchte, braucht es im
Wesentlichen zwei Dinge. Erstens: Um die Souveränität des
Landes zu erhalten, braucht es eine Finanzierung. Wir brauchen in
der Region eine Wirtschaft, die so funktioniert, dass wir uns selbst
finanzieren können. Wir können nicht auf Dauer von Transferleis-
tungen anderer leben. Zweitens: Wir müssen auch eine kulturelle
Identität bewahren. Das bedeutet, dass kulturelle Einrichtungen
nicht bis zur Unkenntlichkeit reduziert werden dürfen. Das würde
unsere Identität beschädigen und gleichzeitig die Attraktivität für
Leute, die von außen zuziehen, stark vermindern. Und dazu gehört
eine attraktive und funktionierende Hochschullandschaft.“
Sie nannten gerade die zwei Faktoren, die für ein funktionie-
rendes Land nötig sind. Kulturell sind die Möglichkeiten der TU
sicher beschränkt. Aber welchen Beitrag zum wirtschaftlichen
Aufbau können Sie leisten?
Als einzige technische Universität im Land haben wir einen hohen
Stellenwert. Wir sind jedoch nicht die einzige Hochschule, die
technische Studiengänge anbietet. Da gibt es auch noch die Fach-
hochschulen, mit denen wir stark kooperieren. Wir räumen ihnen
zum Beispiel ein Promotionsrecht an unseren Fakultäten ein und
betreiben gemeinsame Studiengänge. Ich bin der Meinung, dass
Hochschulen eine eigene Marke ausprägen müssen, was aber Ko-
operationen keinesfalls ausschließt. So sind wir durch die Zusam-
menarbeit mit den Fachhochschulen in der Lage, unseren Studie-
renden ganz aktiv ein Beratungsangebot zu machen um sie bei der
Wahl ihres Ausbildungsweges zu unterstützen. Wir sollten keine
künstlichen Grenzen errichten, wo im Grunde gar keine sein müs-
sen. Für den wirtschaftlichen Aufbau bedeutet das, dass wir alle
am gleichen Strang ziehen und kleinere Hemmnisse abbauen.“
Das Gespräch führte Sascha Uthe
Unsere Absolventen arbeiten
erfolgreich in aller Herren
Länder.
Prof. Dr. Peter Scharff
Prof. Dr. rer. nat. habil. Dr. h. c. Prof. h. c. mult. Peter Scharff ist
seit April 2004 Rektor der Technischen Universität Ilmenau.
Scharff wurde 1957 in Braunlage geboren und absolvierte ein
Chemiestudium an der Technischen Universität Clausthal. Nach
der Promotion im Jahr 1987 folgte 1991 die Habilitation auf dem
Gebiet der Anorganischen Chemie. 1999 wechselte er an die
Technische Universität Ilmenau.